Soll ich mich trennen? Die große Frage: gehen oder bleiben?


Die meisten Paare, die eine Paartherapie machen, nehmen diese eigentlich zu spät in Anspruch. Sie stehen schon so nah am Abgrund und das Ende der Beziehung klopft mit einer unüberhörbaren Lautstärke an die Tür. Oft führen falsche Ansprüche an sich selbst dazu, dass Paare sich lange Zeit keine Hilfe suchen: "Ich schaffe das schon ihn/sie zu verändern". "Wir kriegen das alleine hin". "Es wird alles von alleine wieder so werden wie es mal war" usw. Ein anderer Grund ist häufig die Verleugnung: viele Paare wollen nicht einsehen, dass das Projekt "Paarbeziehung" gescheitert ist, der andere eventuell doch nicht so gut zu einem passt, beide Partner sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben. Es gibt so viele Gründe, aber im Grunde steht eigentlich immer ein gemeinsamer Punkt dahinter: man selbst muss sich eingestehen, dass man sich verkalkuliert hat. Man hatte eine andere Vorstellung und das Leben hat sein Veto eingelegt. Bei Trennungsfragen kommt man letztlich immer zu der Erkenntnis, dass das was war und ggf. sein wird, nicht zu dem passt was ich mir vorgestellt habe. Und an der Stelle fangen in der Regel erst die Probleme an. Das kann so lange weitergehen bis die Trennung auf einmal im Raum steht. Entweder längere Zeit von einem Partner schon wohl überlegt oder ein spontaner Impuls, der sich aber nicht falsch anfühlt. 




Sünden in der Paarkommunikation: 

Der amerikanische Paartherapeut und Forscher John Gottman (https://www.gottman.com) hat die vier apokalyptischen Reiter der Paarbeziehung definiert, die zu einer Trennung führen können:

Kritik: Schuldzuweisungen und Anklagen, die ihren Höhepunkt in einer generellen Verurteilung des Partners finden

Abwehr / Verteidigung mit Rechtfertigung (und Verleugnung der eigenen Anteile), die den Konflikt aufrechterhalten

Verachtung und Geringschätzung des Partners

„Mauern“, Schließen der Schotten und Rückzug



Jedes Paar sollte sich immer die Frage stellen, welcher von den vier Reitern ist schon bei uns eingezogen. Meines Erachtens ist die Verachtung und Geringschätzung des Partners der Schlimmste von den vier Reitern. Wenn ein Paar an dem Punkt ist, sollte überlegt werden mit welchem Ziel die Paarbeziehung noch fortgeführt wird. 

Wie kann es trotzdem weitergehen?

Es gibt aber auch Hoffnung für Paare, die vor einer Trennung stehen. Trennung kann ein wunderbarer Neuanfang sein, entweder alleine, mit einem neuen Partner oder sogar mit dem altem Partner. Ja, auch das ist möglich. Dann muss aber jeder in der Lage sein, das was gewesen ist zu verzeihen und hinter sich zu lassen, sodass ein Neuanfang möglich ist. 

Trennung muss also nicht immer ein Ende sein, sondern kann ein Anfang sein für etwas anderes, aber zugleich gutes. 

Trennung ist schmerzhaft und verursacht Leid, ja! Die Beziehung aber "nur" aufrecht zu erhalten, weil schon so viel investiert wurde, ist auch nicht der richtige Ansatz. Es wird dann nur versucht  das wiederzubekommen, was man investiert hat... und das bekommt man in der Regel nicht zurück.

Zum Schluss ein kleiner Ratschlag: 

Wenn die Beziehung in einer Krise steckt, die gleichen Konflikte immer wiederkehren, Gespräche im Streit münden, keine bis wenig Sexualität stattfindet, Abschottung geschieht, dann suchen Sie sich Hilfe und nehmen eine Paarberatung in Anspruch. Manchmal helfen auch schon zwei bis drei Gespräche, um aus den alten Mustern herauszukommen und eine Trennung kann vermieden werden. 

Alles Liebe!

Carina Holthoff 

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